Lesen Sie hier die Laudationen der vergangenen Jahre und lernen Sie unsere Preisträger und Preisträgerinnen kennen.

Laudatio zum Austrian Supply Excellence Award (ASEA) 2022
am 6. Oktober 2022, Haus der Industrie, Wien
Prof. Helmut Zsifkovits, Montanuniversität Leoben
 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Anfang 2020 hätten wir nicht gedacht, dass wenige Monate danach die Welt zum Stillstand kommen würde, dass wir uns nicht wie selbstverständlich hier treffen könnten. Als wir dachten, die Pademie hätte sich beruhigt, kam mit dem Krieg in der Ukraine die nächste schlimme Krise, für Menschen und für die Wirtschaft.

So waren die letzten Jahre eine Zeit, die uns allen viel abverlangt hat. Vor allem war es eine Zeit, in der bewusst wurde, wie wichtig funktionierende Lieferketten sind.

Es war eine Zeit, in der vor allem der Einkauf gefordert war, als Schnittstelle zu den Beschaffungsmärkten.

Digitalisierung ist weiterhin wichtig, aber vor allem das Reden miteinander.

Resilienz und Transparenz sind noch wichtiger geworden.

Diese Themen und Herausforderungen spiegeln sich auch in den Projekten wider, die in den letzten Wochen zum Austrian Supply Excellence & Einkauf 4.0 Award eingereicht wurden.

Bewertet wurden die Einreichungen nach den Kriterien

  • Innovationsgrad (Innovationsrolle, Breitenwirkung)
  • Durchführung (Projektmanagement, Teambildung, Rolle des Top-Management)
  • Kosten-Nutzen (kurz-, mittel-, langfristig, in den Kategorien finanziell, ökologisch, sozial/ethisch)
  • Präsentation (Struktur, Argumente, Detailliertheit, Kriterien ASEA, Aufbereitung

Die Jury entschied auf der Basis dieser in den Statuten des Awards festgelegten Kriterien. Die Bewertungen der Jurymitglieder wurden zusammengeführt, diskutiert, es waren einige Runden, Rückkoppelungen und Präzisierungen notwendig, um ein abgestimmtes Ergebnis zu erhalten. Letztlich gelang es, aus den guten die noch etwas besseren Lösungen herauszufiltern. Es wurden einvernehmlich die Projekte ausgewählt, die den Supply Excellence Award in den einzelnen Kategorien erhalten werden.

Damit komme ich zu den Preisträgern des heutigen Abends, den Gewinnern des Austria Supply Excellence Award 2022:

GF Casting Solutions Altenmarkt GmbH & Co KG

erhält den Supply Excellence Award für effiziente Materialbereitstellung in der Produktion, mit dem Projekt: Automatisierte Sicherstellung von produktionsrelevanten Materialien flächendeckend in allen Produktionsbereichen des Standortes.

GF Casting Solutions ist eine führende Lösungsanbieterin in den Branchen Mobilität und Energie. Als zukunftsorientiertes Unternehmen agiert GF Casting Solutions als Innovationsmotor in der Welt von gegossenen und additiv hergestellten Komponenten. Die Kernkompetenz ist die Entwicklung und Fertigung von Leichtbauteilen im Druckguss, Eisenguss, Feinguss sowie in der additiven Fertigung. Seit Jahren wird in der Forschung und Entwicklung der Leichtbau vorangetrieben, um das Gewicht der Fahrzeuge sowie den CO2-Ausstoss zu reduzieren.

GF Casting Solutions produziert an 13 Standorten in Deutschland, Österreich, Rumänien, der Schweiz, China und den USA. Die Division bedient weltweit die Fahrzeugindustrie, die Luft- und Raumfahrtbranche sowie das Energiesegment und liefert Komponenten für Off-Highway-Fahrzeuge und industrielle Anwendungen.

GF Casting Solutions ist erste Wahl in den Bereichen PKW, LKW, der Luft- und Raumfahrtbranche, dem Energiesegment sowie für Off-Highway-Fahrzeuge und Industrieapplikationen. GF Casting Solutions ist anerkannt für ihre Entwicklungs- und Herstellungskompetenz bei Aluminium, Magnesium, Eisen oder Superlegierungen.

Das war die Ausgangssituation, mit Risiken und Ineffizienzen:

  • Sämtliche Produktionsmaterialien wurden im Zentralmagazin eingelagert.
  • Die Bedarfe der Produktion wurden mittels Tablet/App elektronisch angemeldet.
  • Alle internen Prozesse wurden manuell angestoßen. Durch Abwesenheit bzw. Personalwechsel entstand immer wieder ein gewisser Engpass an Materialien in der Produktion.
  • Das Risiko, das durch manuelles Anstoßen enstand – keine Prozesssicherheit, dadurch Gefahr eines Produktionsstillstandes auf Grund fehlender Materialien.

Durch die umgesetzte, standardisierte, lieferantenunabhängige Lösung wurden die Verbesserungsziele erreicht.

  • Sämtliche Prozessschritte sind im SAP transparent abgebildet.
  • Eine Materialverfügbarkeit der produktionsrelevanten Materialien ist 24/7 gewährleistet.
  • Bestandsreduktion, Bestandsoptimierung und trotzdem Bestandssicherheit wurden realisiert.
  • Entlastung der Produktions MA durch einen selbsterklärenden, prozesssicheren, schnelleren und unkomplizierten Entnahmeprozess für alle (ca. 600) MA des Standortes
  • Sortimentswechsel, -erweiterung, -bereinigung können jederzeit kurzfristig realisiert werden.
  • Übermittlung der Bestellungen automatisch an die Hauptlieferanten per EDI 24/7
  • Lieferavis für die Lieferungen der Hauptlieferanten per EDI.
  • Keine Verschwendung von Materialien und Ressourcen, deutliche Verbrauchsreduktion auswertbar.
  • Performancemessungen im SAP (Verbrauchsreduktion, Automatisierungserhöhung der Bestellschreibungen)

Im ersten Halbjahr 2022 wurden die folgenden Effekte in der Materialwirtschaft realisiert:

  • Verbrauchsreduktion von > 30%
  • Bestandsreduktion von > 20%
  • Vollautomatisierte Bestellschreibung
  • Vollautomatisierte Übermittlung von Bestellungen
  • Vollautomatische Lagerort Umbuchungen
  • Einführung von automatischem Lieferavis
  • Einführung von EDI Bestellungen
  • Stark erhöhte Kostentransparenzen der Materialverbräuche (Kostenstellen / Kostenträger)

Engel Austria

erhält den Supply Excellence Award für Professionalität in Projektaufbau, -abwicklung und -controlling im Projekt Einführung einer Benchmark-Analyse im indirekten Einkauf.

Um die Stunden- bzw. Tagessätze diverser Dienstleister zu vergleichen, sieht der Einkaufsprozess im Indirekten Einkauf überwiegend einen Angebotsvergleich vor.

Der Angebotsvergleich wird derzeit erfolgreich bei IT-Dienstleistungen eingesetzt, unter der Voraussetzung, dass die Rolle und Fähigkeit des Entwicklers genau definiert und somit vergleichbar sind. Bei vielen Dienstleistern ist ein Angebotsvergleich kaum möglich, da die Leistungen mit einem Pauschalpreis oder einem gemischten Tagessatz angegeben sind und somit die Vergleichbarkeit manuell ausgearbeitet werden muss. Die Recherche von potenziellen Mitwerbern zur Anfrage von weiteren Angeboten stellt sich als schwierig heraus, da die Aufschlüsselung von Rollen und Fähigkeiten meist nicht ersichtlich ist. Die bisherige Vorgehensweise, um die Bewerber transparent zu vergleichen, erfordert daher enormen manuellen Aufwand des zuständigen Einkäufers.

Die dazu gesammelten Informationen werden individuell in einem beliebigen Ablagesysteme gespeichert. Es gibt intern noch keine übersichtliche und einheitliche Ablage der relevanten Informationen. Dadurch können die Preisverhandlungen nur bedingt effizient durchgeführt werden, da wichtige Informationen nicht oder teilweise nur mit dem entsprechenden Aufwand zur Verfügung stehen.

Das Reporting betreffend Preisvergleiche umfangreicher Projekte erfolgt derzeit in Form einer vom Einkäufer aufbereiteten PowerPoint Präsentation inklusive KPIs.

Ziel ist es die angebotenen Stunden- bzw. Tagessätze je nach Standort, Kategorie (= Branche), Rolle und Skill (= Fähigkeit) für eine Benchmark-Analyse übersichtlich in einer Datenbank darzustellen. (= transparente Datensammlung)

Anhand des Benchmark Tools kennt der Einkäufer die wesentlichen Vergleichskriterien und holt diese bereits bei der Anfrage an den Lieferanten ein. Sowohl unsere bestehenden als auch neue Lieferanten werden dadurch über unser Vorgehen informiert und sind bei der transparenten Informationsbeschaffung eingebunden. Dadurch wird die Bindung mit qualifizierten und partnerschaftlichen Lieferanten gestärkt.

Das Tool berechnet für den Benutzer automatisch den durchschnittlichen Stunden- bzw. Tagessatz sowie die zulässige prozentuale Abweichung zur Eingabe. Die beiden Werte werden als Standardkennzahlen angezeigt. Zusätzlich wird die Abweichung farblich gekennzeichnet.

Der Einkäufer erlangt somit rundum Informationen, um das Angebot ausreichend zu bearbeiten. Die Verhandlungsvorbereitung, insbesondere Argumentationsstrategie ist dadurch rasch und sicher gewährleistet. Die Recherche- und Vorbereitungszeit reduziert sich auf ein Minimum und steht einer Ressourcenverschwendung entgegen.

Die Datenbank bildet die Basis für eine extern durchgeführte Benchmark-Analyse. Durch wiederholende Analysen in zeitlichen Abständen können die Märkte der einzelnen Dienstleistungsbranchen genau analysiert und Entwicklungstrends erkannt werden. Es werden Rabatte und positive Savings zusätzlich zur Abwehr von Preiserhöhungen, insbesondere auch in kritischen Wirtschaftszeiten, generiert.

Aufgrund der einfachen und selbsterklärenden Userbedienung sowie dem oben angeführten Mehrwert für die Einkäufer als auch für das IP-Team wurde die Idee von Anfang an von den Teammitgliedern positiv angenommen und durch hilfreichen Input unterstützt.

Ich darf allen Preisträgern herzlich zu ihren Leistungen gratulieren, mich aber auch bei den weiteren Einreichern bedanken, die hier nicht genannt wurden, die aber ebenfalls beachtliche Leistungen in ihren Projekten erbracht haben. Letztendlich danke ich der Jury für ihren ehrenamtlichen Einsatz bei der Bewertung der Einreichungen, und Ihnen, meine Damen und Herren, für ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

© Univ.-Prof. Mag. Dr. Helmut Zsifkovits

Laudatio 2022 von Univ.-Prof. Dr. Helmut Zsifkovits – Präsident des BMÖ

Lesen Sie bitte die Laudationes der vergangenen Jahre und lernen Sie unsere Preisträger  und Preisträgerinnen kennen.