Laudatio zum
Austrian Supply Excellence Award (ASEA) 2018
am 11. Oktober 2018 im Haus der Industrie, Wien
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
zum 16. Mal wird heute der Austrian Supply Excellence & Einkauf 4.0 Award vergeben. Bereits einige Male hatte ich die Ehre in diesem Rahmen die Preisträger zu würdigen. So hatte ich auch die Chance, nicht nur herausragende Leistungen zu erleben, sondern auch die Entwicklung der Maßstäbe für Exzellenz im Einkauf.
Seit 2003, damals noch als „e-procurement Award“, spiegelt der Austrian Supply Excellence & Einkauf 4.0 Award die Entwicklung des Einkaufs wieder. So haben sich der Titel geändert, die Kategorien und die Kriterien. Einkauf lebt.
Von Anfang an relevant für eine Preiswürdigkeit waren Visionen, klare Zielvorstellungen, eine Kultur der Innovation, effektives und effizientes Prozessmanagement, und der konsequente Aufbau und die kontinuierliche Entwicklung von partnerschaftlichen Netzwerken mit Lieferanten und Kunden.
Wichtiger geworden sind über diese 16 Jahre
- die Nutzung der Potentiale neuer, innovativer, digitaler Systeme und Technologien.
- Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen.
- Eine laufende Beobachtung und Bewertung von Risiken, und die proaktive Planung von Maßnahmen des Risikomanagements.
Die Einreichungen zum Austrian Supply Excellence Award sind jedes Jahr von neuem eine Reise in die Welt des zukunftsorientierten Einkaufs, in eine Welt der Ideen und Initiativen.
In diesem Jahr war die Anzahl der Einreichungen wieder hoch. Das hat positive und negative Seiten. Positiv ist es diese Themenvielfalt zu erleben, der Nachteil ist, dass nicht alle gewinnen können, und dass die Jury viel Arbeit hat. Die sie aber gerne tut. Im Grunde sind beim Supply Excellence und Einkauf 4.0 Award alle Einreicher Gewinner, sie alle haben Bemerkenswertes geleistet.
Preise werden für Leistungen in den unterschiedlichsten Disziplinen und Bereichen vergeben. Wir haben bei all dem interdisziplinären Anspruch des Einkaufs versucht einen Fokus zu bewahren. So gibt es Lösungen, die sehr gut sind, aber nicht der Intention und Ausrichtung des Supply Excellence Awards entsprechen.
So war es auch erforderlich, die wirklich exzellenten aus den guten Lösungen herausfiltern. Der Jury war hier sehr fleißig, in mehreren Diskussions- und Abstimmungsrunden wurden die Projekte ausgewählt, die den Supply Excellence Award in den einzelnen Kategorien erhalten werden. Darüber hinaus wurden Anerkennungspreise für Einreichungen festgelegt, die besondere Leistungen in Teilbereichen darstellen. Wie das in einem derartigen Verfahren meist der Fall ist, waren wir nicht immer einer Meinung, Qualität lässt sich nicht mit einigen einfachen, objektivierbaren Kennzahlen messen. Aber es war ein richtig demokratischer, sehr ernsthaft betriebener Auswahlprozess.
Damit komme ich zu den Preisträgern des heutigen Abends.
PORR AG: Anerkennungspreis in der Kategorie „IT & eProcurement“ für eine durchgängige eProcurement Lösung für das Projekt „Einkauf in der Baubranche“ oder „Vom Einzelkämpfer zum Teamplayer“
Die PORR AG ist ein österreichisches Bauunternehmen mit ca. 18.400 Mitarbeitern. Neben Österreich und Deutschland gehören zu den Heimmärkten die Schweiz, Polen, und Tschechien. In Summe beträgt das Einkaufsvolumen 3 Milliarden Euro. Davon werden ca. 60% an Subunternehmer vergeben, der Materialanteil beträgt ca. 40%.
In der Baubranche finden die meisten Vergaben direkt auf der Baustelle oder in den dezentralen Niederlassungen statt. Jeder kauft für sich nach bestem Wissen und Gewissen ein. Bündelung von Massen bzw. Vergaben entstehen meist nur durch persönliche Kontakte. Aus diesem Grund hat die Baubranche im Einkauf oft antiquierte Abläufe.
Die Baubranche fertigt an ständig wechselnden, nicht oder fast nie wiederkehrenden Produktionsstandorten hochkomplexe Unikate. Jedes Bauwerk lässt sich am einfachsten mit einem Prototyp vergleichen. Trotzdem macht der immer steigende Kostendruck es unerlässlich, moderne Einkaufsmethoden zu übernehmen.
Eine flächendeckende Vernetzung und Transparenz aller Daten sind die Grundlage für die Umsetzung der Ziele.
Nach 5 Jahren konnte in einem Baukonzern eine effektive Einkaufsorganisation implementiert werden. Die Stärke dieser Einkaufsorganisation ist eine flächendeckende Vernetzung nach dem Motto „one face to the supplier“.
Außerdem wurde in ausgewählten Warengruppen ein zentrales Lead Buyer System installiert. Parallel dazu wurde eine E-Procurement Lösung in Form einer Einkaufsplattform ins Leben gerufen und der komplette Beschaffungsprozess in einem digitalen System abgebildet.
Donau Chemie AG: Anerkennungspreis in der Kategorie „IT & eProcurement“ für das Projekt „Implementierung eines Track & Trace Systems bei ADR Waggonlieferungen als wesentlicher Erfolgsfaktor entlang der Supply Chain im Rahmen der DC-Digitalisierungsstrategie“
Die Donau Chemiegruppe ist ein österreichisches Chemieunternehmen, welches an drei Standorten chemische Substanzen produziert. Es werden etwa 800.000 Tonnen Güter pro Jahr produziert und vertrieben. 40 % werden mit der Bahn transportiert. Die dafür notwendigen 200 Kesselwaggons werden am Markt von verschiedenen Anbietern gemietet.
Die Implementierung eines Track & Trace Systems bei ADR-Waggonlieferungen erlaubt eine Verfolgung der Waggons in Echtzeit, eine Optimierung der Lauf-, Steh- und Rundlaufzeiten, des Krisen- und Waggonmanagements sowie der Produktionsplanung bei der Donau Chemie AG und ihren Kunden.
Eine besondere Herausforderung war die Schaffung eines einheitlichen Systems zur GPS-Verfolgung über unterschiedliche Anbieter und heterogene Systeme der Waggonhalter.
Ich setze fort mit den Gewinnern des Austria Supply Excellence Award 2018.
Österreichische Post AG: Austrian Supply Excellence Award 2018 in der Kategorie „CSR und Nachhaltigkeit“ für das Projekt “Supplier Chain Optimierung mittels des klapp- und stapelbaren Briefbehälterrollwagens (BBRW)“
Der Konzern-Einkauf und die Brieflogistik haben im Rahmen des Projekts Supplier Chain Optimierung mittels des klapp- und stapelbaren Briefbehälterrollwagens (BBRW) ein Standardprodukt der Post-Logistik optimiert und weiterentwickelt.
Im Mittelpunkt stand der Logistikprozess für den Transport von leeren Briefbehältern und Briefbehälterrollwagen. Das Ziel war die Entwicklung eines klapp- und stapelbaren BBRW, der eine höhere Beladekapazität bei Leertransporten ermöglicht und weniger Lagerplatz benötigt, und dadurch Kosten und Schadstoffe einspart.
Im Rahmen des Projekts wurde von Oktober 2017 bis September 2018 ein Produkt entwickelt und zur Marktreife gebracht. Die ersten 1.300 Stück wurden im September bestellt und werden ab März 2019 in den aktiven Logistikprozess eingesteuert.
Das entwickelte Produkt spart 50 Prozent der benötigten Lagerflächen und 46 Prozent der Leertransporte ein. Pro LKW ist im Jahr eine Schadstoffeinsparung von etwa 22,5 bis 40 Tonnen CO2 möglich.
hollu Systemhygiene GmbH: Austrian Supply Excellence Award 2018 in der Kategorie „IT & eProcurement“ für eine umfassende Lieferantenbewertung im Zuge der Digitalisierung für das Projekt “Echtzeit Lieferantenbewertung“
Seit 1905 entwickelt hollu innovative, aufeinander abgestimmte Reinigungssysteme für jeden Bereich der Reinigung und Hygiene – als professioneller Hygienepartner und Komplettanbieter. Über 400 Mitarbeiter an 8 Standorten gestalten innovative Reinigungslösungen in Top-Qualität „made in Austria“.
Hollu hat eine Strategie für die digitale Transformation bis 2025 ausgearbeitet. Ein wesentlicher Teil von dieser digitalen Transformation betrifft den strategischen Einkauf.
Mit dem Projekt der Lieferantenbewertung wurde die Möglichkeit geschaffen Lieferanten unterschiedlichster Bereiche anhand von klar definierten Merkmalen und Kennzahlen bewerten zu können. Die Lieferantenbewertung wird dem berechtigten Nutzer täglich aktuell und online zur Verfügung gestellt.
Vom strategischen Einkauf wurden die wichtigsten Parameter der Lieferantenbewertung definiert. Neben den „klassischen“ Parametern wie Liefertreue, Mengentreue usw., wurde auch auf das Vorhandensein von zum Beispiel zertifizierten Arbeitsbedingungen, EMAS- oder CSR-Reports beim Lieferanten eingegangen. Im Mittelpunkt der Parameterentwicklung und damit essentiell für hollu stand aber die Nachhaltigkeitsbewertung der Lieferanten. Darunter wird verstanden, ob der Lieferant nachhaltige und umweltzertifizierte Produkte entwickelt und in seinem Sortiment führt.
Mit Hilfe der neuen Analysemöglichkeiten können gezielte Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Lieferanten abgeleitet werden. Dieses erfolgreich umgesetzte Projekt der Lieferantenbewertung ist ein Schritt in Richtung professionale Digitalisierung des strategischen Einkaufes und damit verbunden die digitale Transformation von hollu.
REHAU GmbH: Austrian Supply Excellence Award 2018 in der Kategorie “Supply Excellence” für das Projekt „Digitalization of the Supplier Life Cycle Process“
Rehau ist ein international führendes Schweizer Unternehmen in der Herstellung von Polymeren, mit 3,5 Mrd. Euro Umsatz und 20.000 Mitarbeitern an 170 Standorten. REHAU hat mit der Digitalisierung des Lieferantenlebenszyklus einen wichtigen Schritt in Richtung Einkauf 4.0 gesetzt.
Durch die Implementierung des SAP Supplier Life Cycle Managementtools konnten alle Prozessschritte des Lieferantenlebenszyklus von der Lieferantenregistrierung, der -qualifizierung, der -beurteilung, der -klassifizierung sowie -entwicklung abgebildet werden. Es wurden dadurch zahlreiche Insellösungen, nicht verbundene Datenbanken und Papier-/Word-basierende Checklisten abgelöst und Rehau ist nun in der Lage einen durchgängigen Ablauf im Lieferantenmanagement darzustellen. Aus Sicht der Stammdatenhaltung wurde nun ein „Single-Point-of-Entry“ geschaffen. Dies ermöglicht einen reibungslosen Integrationsprozess im Unternehmen und der breitflächigen, buchungskreisübergreifenden Nutzung von freigegebenen Lieferanten.
Des Weiteren wurde im Zuge einer Stammdatenbereinigung die Lieferantenbasis um mehr als die Hälfte von 65.000 auf 30.000 Lieferanten reduziert, was zu einer erheblichen Steigerung der Reportingqualität und Transparenz im Unternehmen beigetragen hat.
Sartorius Stedim Biotech GmbH und evan GmbH: Austrian Supply Excellence Award 2018 in der Kategorie „Einkauf 4.0 / Industrie 4.0“ für das Projekt „Digitales Zertifikatemanagement entlang komplexer Liefernetzwerke mittels Blockchain-Technologie“
Der Sartorius-Konzern ist ein international führender Pharma- und Laborzulieferer mit den beiden Sparten Bioprocess Solutions und Lab Products & Services. Bioprocess Solutions trägt mit einem breiten Produktportfolio mit Fokus auf Einweg-Lösungen dazu bei, dass Biotech-Medikamente und Impfstoffe sicher und effizient hergestellt werden. Die Produkte, die Sartorius entwickelt und herstellt, unterliegen dabei strengen Regularien. Über das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk müssen Qualitätszertifikate der verbauten Produkte und Materialien nachgewiesen werden.
Zusammen mit dem Blockchain-Start-Up evan GmbH wird in diesem Projekt eine Zertifikatskette entlang einer n-tier Supply Chain auf Basis der Blockchain-Technologie umgesetzt.
Als weitere Zielstellung sollen zusätzlich die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie in Verbindung mit der effizienten Abbildung der Zertifikatskette anhand einer konkreten Lieferkette von tier 5 bis zum Endkunden Sartorius evaluiert werden.
Zukünftig können innerhalb der Smart Contracts weitere Prozesslogiken (Erhebung von Kennzahlen, automatische Trigger, um weitere Prozesse auszulösen etc.) abgebildet werden.
Ich darf allen Preisträgern herzlich zu ihren Leistungen gratulieren, mich aber auch bei den weiteren Einreichern bedanken, die hier nicht genannt wurden, die aber ebenfalls beachtliche Leistungen in ihren Projekten erbracht haben.
Letztendlich danke ich der Jury für ihren ehrenamtlichen Einsatz bei der Bewertung der Einreichungen, und Ihnen, meine Damen und Herren schließlich, für ihre geschätzte Aufmerksamkeit.
© Univ.-Prof. Mag. Dr. Helmut Zsifkovits
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